Notfallkoffer für Unternehmer
Inhalt
I.       Die wesentlichen ersten Fragen nach
einem Todesfall
II.      Risiko-Management-System

III.    Rechtliche Nachfolge

 

 IV.    Handlungsfähigkeit

V.     Absicherung des Privatbereichs

VI.    Checklisten – Inhalt des Notfallkoffers

 

Laut Studien zur Unternehmensnachfolge verlaufen nach wie vor ein Viertel aller Unternehmensnachfolgen nicht planmäßig. Lediglich in jedem zweiten Unternehmen der Gruppe KMU (kleine und mittlere Unternehmen) gibt es ausreichende Vertretungsregelungen und nur bei jedem vierten KMU besteht eine ausreichende Nachfolgeregelung (Quelle: Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn, in: Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018, Daten und Fakten Nr. 11, Institut für Mittelstandsforschung, Bonn, 2013).

Die Problematik des Notfallmanagements wird gerne verdrängt. Umso tragischer ist es dann, wenn die Unternehmensnachfolgen durch Tod und Krankheit erfolgen – ohne jede entsprechende Vorplanung.

Ein Notfallkoffer kann helfen, solche Situationen in den Griff zu bekommen. Es gibt dabei nicht „den“ allgemeinen und richtigen Notfallkoffer, der für jedes Unternehmen passt. Der Notfallkoffer muss vielmehr bedarfsgerecht vorbereitet werden und stets aktuell sein.

Gerne stehen Ihnen sowohl ich als auch die Mitarbeiter meiner Kanzlei zur Verfügung um gemeinsam mit Ihnen einen Notfallkoffer zu gestalten, der auf ihren konkreten Bedarf zugeschnitten ist.

I. Die wesentlichen ersten Fragen nach einem Todesfall

Verstirbt der Unternehmer, sind Hinterbliebene und Erben auf sich allein gestellt. Sie stehen vor Fragen, mit denen sie bisher typischerweise nicht oder nur am Rande befasst waren:

  • Wo liegt das Testament?
  • Welche Berater (Anwalt, Steuerberater, persönlicher Freund) wissen Bescheid und können helfen?
  • Wer sind die Ansprechpartner im Unternehmen? (Mitgeschäftsführer, Prokurist, Vertrauensperson etc.)
  • Wer ist sonst noch unverzüglich zu verständigen (Mitgesellschafter, Bank, Beirat, Testamentsvollstrecker etc.)?
  • Wer kann sonst helfen, und auf wen ist Verlass?

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass diese Informationen sowie die dazugehörenden Dokumente (gegebenenfalls in Kopie) an einem Ort aufbewahrt werden der den Erben bekannt und zugänglich ist (ungeeignet sind daher z. B. Schließfächer, zu denen der Erbe erst nach dem Tod des Erblassers nach Vorlage eines Testaments oder Erbscheins Zugang erlangt).

II. Risiko-Management-System

Ein Risiko-Management-System in Form eines Notfallkoffers bietet mit relativ wenig Aufwand in der Praxis eine wertvolle Unterstützung gerade für diese erste Phase nach einem Trauerfall. Der Erblasser ermöglicht so den Erben, Firmenangehörigen und weiteren Beteiligten, leichter und ohne langes Suchen, den Überblick zu behalten, um schnell die notwendigen Entscheidungen treffen zu können.

In vielen Fällen besteht sogar eine gesetzliche Verpflichtung ein Risikomanagement – zu dem auch die Vorsorge für den Ausfall des Unternehmers zählt – einzurichten (§ 91 Abs. 2 AktG – entsprechend anwendbar auf GmbHs; §§ 289, 317 Abs. 4, 321 Abs. 4 HGB für mittelgroße Gesellschaften).

Zusätzlich werden zu Lebzeiten die Konditionen bei Kreditvergaben (Basel III) durch die Einrichtung eines Risikomanagements erheblich verbessert, Kosten im Notfall vermieden und die Planungssicherheit insgesamt gestärkt. Im Ergebnis steigern Sie durch ein eingerichtetes Risiko-Management-System den eigenen Unternehmenswert erheblich.

Bei der Gestaltung der Notfallakte wird zwischen den möglichen „Kann“-Maßnahmen und den zwingend nötigen „Muss“-Maßnahmen unterschieden. Zwingend sind im akuten Fall die Sicherung der Handlungsfähigkeit (vor allem physische und digitale Zugangsmöglichkeiten, sowie Vollmachten) und die Sicherung des Unternehmensfortbestandes (Regelung der Unternehmensführung und Erbfolge/Nachfolge). Die Sicherung des Erfolges (Bewahrung des betrieblichen Wissens und der Unternehmenskultur) kann – und sollte – erfolgen.

III. Rechtlichen Nachfolge

Zunächst ist zu klären wer Ihre gesetzlichen Erben sind. Ohne testamentarische Vorsorge sind neben einem etwaigen Ehegatten ausschließlich die leiblichen (oder angenommenen) Kinder erbberechtigt. Ohne Kinder sind die Eltern bzw. falls die Eltern bereits verstorben sind, die Geschwister erbberechtigt. Gibt es keine Geschwister, erbt die entferntere Verwandtschaft.

Pflichtteilsberechtigt sind ausschließlich der Ehegatte und die leiblichen Kinder. Wenn es keine leiblichen Kinder gibt, sind zusätzlich die Eltern des Verstorbenen neben dem Ehegatten pflichtteilsberechtigt.

Sie sollten sich fragen, ob die Folgen der gesetzlichen Erbfolge von Ihnen gewünscht sind; oder eine Anpassung nötig ist.

Zusätzlich müssen Sie berücksichtigen, dass gesellschaftsrechtliche Regelungen die erbrechtlichen Regelungen zum Teil aushebeln können. Bestimmen Sie z. B. erbrechtlich, dass Ihre Ehefrau das Unternehmen fortführt – ist aber im Gesellschaftsvertrag ausschließlich ihr Kind oder ein Dritter berücksichtigt, greift der Gesellschaftsvertrag. Ihr testamentarischer Erbe erhält dann nur eine Abfindung.

Gesetzliche Unternehmensnachfolge:

GesellschaftsformGesetzliche Folgen
GbRAuflösung der Gesellschaft
OHG/KomplementärAusscheiden, Abfindung
KommanditistFortsetzung mit dem Erben/ Erbengemeinschaft
GmbH/AGFortsetzung mit dem Erben/ Erbengemeinschaft

Vertraglich kann vereinbart werden:

KlauselVertragliche FolgenBeispiel
Einfache
Nachfolgeklausel
Die Erben werden Gesellschafter im Verhältnis der Erbteile.Die Gesellschaft wird mit den Erben fortgesetzt. Die Mitgliedschaft geht auf alle Erben zu entsprechenden Teilen über.
Qualifizierte
Nachfolgeklausel
Der nachfolgeberechtigte Erbe wird Gesellschafter.Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft mit einem Erben fortgesetzt, der z. B. durch den Erblasser letztwillig zu bestimmen ist.
EintrittsklauselDie Erben erhalten ein Eintrittsrecht in die Gesellschaft.Beim Tod eines Gesellschafters erhalten die Erben das Recht, in die Gesellschaft einzutreten
FortsetzungsklauselDie Erben erhalten eine Abfindung.Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft mit den überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt.

Die gewünschte Nachfolge sollte durch eine testamentarische oder vertragliche Regelung abgesichert werden. Parallel ist immer ein Abgleich zwischen dem Erbrecht und dem Gesellschaftsrecht herbeizuführen. Erfolgt eine Anpassung der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen ist ebenfalls die erbrechtliche Komponente anzugleichen. Gerne helfen wir Ihnen bei der Umsetzung.

IV. Handlungsfähigkeit

Achten Sie rechtzeitig darauf, dass Ihr Unternehmen für den Fall, dass Sie selbst nicht zur Verfügung stehen, handlungsfähig bleibt. Ihre im Unternehmen tätigen Angehörigen und Mitarbeiter vermögen vielleicht für eine gewisse Zeit etliche Tätigkeiten auch ohne unmittelbare fachliche Leitung durch den Erblasser zu erbringen.

Besonders bei zulassungsbeschränkten Berufen (Rechtsanwälte, Steuerberater, Ingenieurberufe) ergeben sich jedoch berufsrechtliche und versicherungsrechtliche Problematiken. Es sollte daher stets ein fähiger Kooperationspartner als Berufsträger aushelfen können, der das Unternehmen zumindest vorübergehend im Notfall leiten kann und auch will.

Hinweis: Fehlt die fachliche Leitung durch einen Berufsträger, greift in der Regel keine Betriebshaftpflichtversicherung. Bei einem Todesfall kann die Versicherung den Vertrag gegebenenfalls. „einfach so“ kündigen.

Wichtig ist auch die Erteilung von ausreichenden Vollmachten (Bankvollmachten, Handlungs-/Vertretungsvoll-machten). Betriebsinhaber neigen gerne dazu, für die Bankkonten im betrieblichen Bereich keine postmortalen Vollmachten zu erteilen. Im Todesfall haben die Angehörigen dann u. U. ein erhebliches Liquiditätsproblem, da der Zugriff auf die Firmenkonten/Privatkonten oft ausgeschlossen ist, bis ein Erbschein erteilt wurde; und bis dieser erteilt wird, vergehen – selbst wenn es keine Verzögerungen gibt – einige Wochen.

Wichtig: Es muss auf eine stets verfügbare ausreichende Liquidität geachtet werden. Im betrieblichen und privaten Bereich sollte eine Bar-Reserve vorgehalten werden, mit der mindestens 1-2 Kalendermonate ohne Zahlungseingang überbrückt werden können. Denken Sie auch an etwaige Steuerrückstände.

Der Vertretungsberechtigte muss auch mit den nötigen Zugangsdaten (physikalische Schlüssel, digitale Zugänge wie E-Mail-Kennwörter, PIN/TAN für Banken) ausgestattet werden.

Daneben ist eine Mindest-Dokumentation bereitzustellen. Die wichtigsten Betriebsabläufe sollten dokumentiert sein (u. a. Rezepturen, Betriebsabläufe/Verfahrensabläufe, Projektstände) und wichtige Verträge (u. a. Versicherungspolicen, Gesellschaftsverträge, Kredite, Kunden-/Lieferantenverträge) zugriffsbereit hinterlegt werden.

V. Absicherung des Privatbereichs

Im privaten Bereich sollte frühzeitig über sensible Dinge gesprochen werden. Dazu gehören Regelungen zur Altersvorsorge, Pflege, Folgen einer etwaigen Scheidung/Trennung, Erbfolge und Tod.

Auch der Nachlass sollte sehr frühzeitig geregelt werden. Machen Sie sich Gedanken zu Erbeinsetzung/Enterbung, und zu Auflagen/Vermächtnissen oder Teilungsanordnungen. Denken Sie an die Möglichkeiten von Pflichtteilsbeschränkungen und die Einrichtung einer Testamentsvollstreckung.

Gerne sprechen wir mit Ihnen diese Punkte im Detail durch und überlegen zusammen mit Ihnen, welche Lösung für Sie in Frage kommt.

Wichtig: Erwägen Sie den Abschluss eines Ehevertrags. Selbst wenn ein Ehegatte nicht der Eigentümer einer Immobilie, oder Mitinhaber einer Firma/Firmenbeteiligung ist, besitzt der Ehegatte (beim gesetzlichen Güterstand ohne Ehevertrag) bei einer Scheidung immer einen Anspruch auf den Ausgleich des in der Ehe erzielten Wertzuwachses. Dies führt nicht selten zu erheblichen Belastungen für ein vorhandenes Unternehmen, denn nicht immer sind ausreichend liquide Mittel vorhanden, um den geschiedenen Ehepartner auszuzahlen.

Berücksichtigen Sie auch Ihre persönliche Situation und Interessen zu Lebzeiten, indem Sie eine Vorsorgevollmacht/Betreuungsverfügung und gegebenenfalls eine Patientenverfügung errichten.

Tipp: Die Familie abgesichert zu wissen, ist für viele Unternehmer einer der wesentlichen Wünsche. Berechnen Sie hierfür den monatlichen finanziellen Bedarf, den Ihre Familie für den Fall benötigt, dass Sie versterben. Hierzu hat es sich bewährt, die einmaligen/regelmäßigen Einnahmen den einmaligen/regelmäßigen Ausgaben gegenüberstellen. So lässt sich leicht die vorübergehende und dauerhafte eventuell entstehende Versorgungslücke ermitteln und sinnvolle Maßnahmen ergreifen um diese Lücken zu schließen. – Gerne helfen wir Ihnen bei der individuellen Vorsorge im Privatbereich.

VI. Checklisten – Inhalt des Notfallkoffers

Damit Sie eine schnelle Übersicht für den Mindestinhalt eines typischen Notfallkoffers erhalten, haben wir für Sie Checklisten für den betrieblichen und privaten Bereich vorbereitet.

Checkliste für den privaten Notfallkoffer

·     Gibt es ausreichende Kontovollmachten?
·     Gibt es Regelungsbedarf bei Patientenverfügung/ Vorsorgevollmacht?
·     Gibt es eine ausreichende Absicherung gegen Invalidität/lange Krankheit?
·     Ist eine ausreichende Altersvorsorge (auch für die Angehörigen) vorhanden?
·     Gibt es Steuerrückstände?
·     Gibt es offene Rechnungen, die ausgeglichen werden müssen?
·     Wurde die gewünschte Erbfolge fixiert (Testament/ Erbvertrag) und kann die gewünschte Erbfolge im Erbfall finanziert werden? Soll eine Testamentsvollstreckung angeordnet werden?
·     Wurde das Testament mit dem Gesellschaftsvertrag abgestimmt?
·     Gibt es einen Ehevertrag? Welche Auswirkungen hätte eine Scheidung?
·     Übersicht zum Vermögen (Grundstücke, Sammlungen) Versicherungen und zu den wesentlichen Verträgen (Kaufverträge, Leasing, Mietverträge).
·     Übersicht zu Bankverbindungen, Wertpapierdepots, Schließfächern, Sparkonten, Sparbücher, Darlehen (aufgenommene oder gewährte), Vermögen im Ausland
·     Übersicht zu Verträgen/Urkunden, Versicherungen/ Steuern.
·     Übersicht zu regelmäßigen Einkünfte/ Ausgaben.
·     Übersicht zu Mitgliedschaften (Verbände etc.).

 

 

·     Übersicht mit Adressdaten zu Beratern/Vertrauenspersonen.
·     Übersicht mit Adressdaten zu Verwandten/ Freunden/ Bekannten.

Checkliste für den betrieblichen Notfallkoffer

·     Übersicht zu den Zugangsdaten (Logins für E-Mail-Fächer, Internetseiten, sonstige Zugangsberechtigungen/ Passwörter, PIN/ TAN-Verwaltung für Konten).
·     Übersicht zu physikalischen Schlüsseln (Gebäude, Maschinen, PKWs).
·     Ist der Wiederanlauf der EDV für den Fall eines Datenverlustes oder Stromausfalls sichergestellt?
·     Gibt es ein Betriebshandbuch mit Beschreibung der wichtigsten Betriebsabläufe (EDV, Produktionsablauf)?
·     Übersicht zu Rezepturen, Patenten und Projektstati.
·     Sind wesentliche Daten vor Veränderungen und Verlust geschützt? Gibt es Notfalllösungen für den Fall, dass Daten manipuliert werden oder verloren gehen?
·     Gibt es Notfalllösungen für Stromausfälle, Telefon/ Internetausfall?
·     Können einzelne Daten/Akten organisatorisches Alleinwissen des Betriebes oder einzelner Personen sein? Gibt es Spezialwissen (von Mitarbeitern), das für den Fortbestand des Betriebs unbedingt gesichert werden muss?
·     Besteht eine Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten/ Dienstleistern?
·     Übersicht zu Softwarelizenzen, Betriebsausstattung.
·     Übersicht zum Firmenvermögen (Bankverbindungen, Anlagevermögen, Darlehen, Grundstücke, Jahresabschlüsse etc.), Versicherungen und zu den wesentlichen Verträgen (Gesellschaftsverträge, Kaufverträge, Leasing, Mietverträge, Kunden/ Lieferantenverträge).
·     Übersicht zu Vollmachten (Handlungsvollmacht/ Kontovollmacht, Vertretungsregelungen), Handelsregisterauszüge, Geschäftsführungsordnungen.
·     Übersicht mit Adressdaten zu den Gesellschaftern/ Beiräten, Beratern, sonstige Vertrauten.
·     Übersicht mit Adressdaten der zentralen Ansprechpartner bei Kunden/ Lieferanten mit detaillierter Beschreibung zur Kunden- / Lieferantenbeziehung.

Rechtsstand: 01.10.2018

Alle Informationen und Angaben in diesem Mandanten-Merkblatt haben wir nach bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Diese Information kann eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.